Seit 5.000 Jahren trinken Menschen Alkohol: zum Genuss, für den Schwips, gegen Krankheiten, als Nahrungsmittel, aus religiösen Gründen. Wie Alkohol im Körper wirkt, warum Frauen meistens weniger vertragen als Männer und was gegen den Kater hilft
EINFÜHRUNG
"Der Wein ist unter den Getränken das nützlichste, unter den Arzneien die schmackhafteste, und unter den Nahrungsmitteln das angenehmste," fand bereits der griechische Philosoph Plutarch um 100 n.Chr. Auch die heilkundige Benediktinerinnen-Äbtissin Hildegard von Bingen (1098-1179) wusste den Rebensaft zu schätzen: "Der Wein - maßvoll genossen - heilt und erfreut den Menschen zutiefst durch seine große Kraft und Wärme". Ein Weintrinker aus Leidenschaft war Deutschlands "Dichter Nummer eins" (der sich bekanntlich zu allen Lebenslagen zitieren lässt): "Solang´ man trinken kann, lässt sich´s noch glücklich sein", behauptete Johann Wolfgang von Goethe. Der amerikanische Staatsmann Benjamin Franklin (1706-1790) war sich dagegen sicher: "Bier ist der überzeugendste Beweis dafür, dass Gott den Menschen liebt und ihn glücklich sehen will". Sir Winston Churchill (1874-1965) empfahl: "Man soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen". Und Woody Allen ist der Meinung "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Nach einer Weile braucht er auch einen Drink."
VON BIER BIS WEIN
C2H5OH macht den Unterschied
Wer von Alkohol spricht, meint in der Regel das, was Chemiker Ethylalkohol oder Ethanol nennen und abgekürzt mit der Summenformel C2H5OH beschreiben
Die Bezeichnung Alkohol umfasst eine ganze Gruppe bestimmter organischer Verbindungen. Doch nur ihr Vertreter Ethanol taugt zum Genuss. Das Wort Alkohol geht auf das arabische "al-kuhl" zurück: "das Feinste, feines Pulver". Damit bezeichnete man ursprünglich die feinen, flüchtigen Bestandteile des Weines.
Alkohol ist eine klare, farblose Flüssigkeit, die dann entsteht, wenn Zucker aus verschiedenen Grundstoffen vergoren wird. Im Prinzip können alle zuckerhaltigen Nahrungsmittel zu Alkohol werden. Traditionelle Ausgangsstoffe sind Weintrauben, Getreide, Früchte, Zuckerrohr, Melasse (ein sirupartiges Nebenprodukt der Zucker-Raffination), Mais und Kartoffeln.
Der Alkoholgehalt variiert je nach Art des Getränks. Angegeben wird die Alkoholkonzentration in Volumenprozent (Vol. %). Ein Volumenprozent entspricht 0,8 g Alkohol. Ein Liter Rotwein enthält etwa 90 bis 100 g Alkohol.
Bier enthält je nach Sorte zwischen 4,0 und 8,0 Volumenprozent
Rotwein enthält zwischen 11,5 und 13,0 Volumenprozent
Der Alkoholgehalt von Weißwein liegt zwischen 10,5 und 11,8 Volumenprozent
Hochprozentige Getränke wie Weinbrand oder Obstbrände erreichen dagegen einen Alkoholgehalt von 50 und mehr Volumenprozenten
Durch Gärung kann ein Alkoholgehalt von maximal 18 Prozent erreicht werden. Für Höherprozentiges muss destilliert werden: Der Alkohol, der bei der Gärung entsteht, wird in speziellen Vorrichtungen erhitzt. Der Siedepunkt des Alkohols liegt bei 78,3°C. Der entstehende Dampf wird aufgefangen und verflüssigt sich bei der Abkühlung wieder. Der Vorgang kann wiederholt werden, bis die gewünschte Alkoholkonzentration erreicht ist.
Mit 29,6 kJ (7,07 kcal) pro Gramm Alkohol liegt der Energiegehalt in etwa bei dem von Fett.
Die im Blut festgestellte Alkoholmenge (Blutalkoholkonzentration) wird in Promille angegeben: Darunter versteht man die Alkoholmenge in Gramm pro 1.000 g Blut. Alkohol zählt zu den Suchtmitteln, deren Erwerb, Besitz und Handel hierzulande legal sind.
PROMILLEGRENZE
Wie viel ist schon "zu viel"?
Wie stark wir uns "beschwipst" fühlen, hängt von vielen Faktoren ab.
Wie stark ein Rausch ist, hängt unter anderem von der Menge und der Alkoholkonzentration des Getränks ab. Je konzentrierter der Alkohol, desto rascher wird er aufgenommen. Wer sehr rasch trinkt, bewirkt eine starke Anflutung - der Rausch fällt umso heftiger aus. Ein leerer Magen fördert die Alkoholaufnahme, ein gefüllter verzögert sie. Auch individuelle körperliche und seelische Verfassung sowie die generellen Trinkgewohnheiten spielen eine Rolle. Krankheit oder Stress kann die Alkoholwirkung verstärken. Die Blutalkoholkonzentration alleine liefert da noch keinen klaren Anhaltspunkt.
Allerdings: Die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, die Wahrnehmung und Urteilskraft werden bei den meisten "Durchnitts-Trinkern" bereits nach geringem Alkoholgenuss deutlich beeinträchtigt. Es ist daher nur vernünftig, entweder gleich abstinent zu bleiben oder das Auto stehen zu lassen. Die freiwillige Vergiftung im Überblick. Wie oben beschrieben, wirkt Alkohol bei jedem anders. Doch "im Duchschnitt" lässt sich beschreiben, was den erwachsenen Gelegenheits-Trinker mit steigendm Promille-Wert so alles erwartet:
ab 0,2 Promille:
Das Sehvermögen ist leicht vermindert, das Gesichtsfeld eingeschränkt
Aufmerksamkeit, Konzentration, Reaktionsvermögen, Kritik- und Urteilsfähigkeit lassen nach
Die Risikobereitschaft steigt
ab 0,5 Promille
Die Konzentrationsschwäche ist ausgeprägt
Die Sehfähigkeit vermindert sich um 25 Prozent
Das räumliche Sehen ist beeinträchtigt
Das Blickfeld verengt sich (Tunnelblick)
Die Reaktionszeit verlängert sich um 30 bis 50 Prozent
Euphorie, Enthemmung und Selbstüberschätzung nehmen zu
Feinabgestimmte Bewegungen werden schwieriger
Erste Gleichgewichtsstörungen treten auf
bis 2,0 Promille:
Räumliches Sehen und Hell-Dunkelanpassung verschlechtern sich weiter
Aufmerksamkeit, Konzentration und Reaktionsfähigkeit sind erheblich gestört
Verwirrtheit, Orientierungs-, Gleichgewichts- und Sprachstörungen nehmen zu
bis 3,0 Promille:
Reaktionsvermögen ist kaum noch vorhanden
Verwirrtheit, Gleichgewichts- und Konzentrationsstörungen sind ausgeprägt
Die Muskeln erschlaffen
In der Regel muss sich der Alkoholisierte spätestens ab diesem Pegel die Sache noch einmal "durch den Kopf gehen lassen"
Im weiteren Verlauf kommt es zur Bewusstlosigkeit mit schwacher Atmung, Unterkühlung und Lähmungen. Die Reflexe erlöschen. Letztlich droht Atemstillstand und Tod.
Die tödliche Dosis wird zum Glück selten erreicht, da zuvor Schlaf oder Erbrechen das weitere Trinken verhindern. Äußerst problematisch sind allerdings "Trinkwetten", bei denen innerhalb kürzester Zeit sehr viel Alkohol getrunken wird. Hier kann es durchaus zu Todesfällen kommen.
Für Kinder und Jugendliche ist Alkohol sehr gefährlich: Kleinkinder können schon an einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille sterben.
Tipps - Wie Sie den Überblick behalten
Fühlen Sie sich in geselliger Runde nie verpflichtet Alkohol zu trinken
Löschen Sie zuerst Ihren Durst mit alkoholfreien Getränken und trinnken Sie auch zwischendurch immer wieder etwas ohne Alkohol
Essen Sie zusätzlich etwas, wenn Sie Alkoholisches zu sich nehmen
Bestimmen Sie Ihren Trinkrhythmus selbst - lassen Sie sich nur nachschenken, wenn Ihnen danach ist
Greifen Sie zu alkoholärmeren Getränken statt zu "harten Drinks"
Langfristiger regelmäßiger Alkoholkonsum schädigt den ganzen Organismus.
Um dieses Risiko zu senken, sollten
Frauen maximal 10 g Alkohol pro Tag
Männer maximal 20 g Alkohol pro Tag zu sich nehmen. Diese Schwelle gilt als "risikoarm", nicht risikofrei!
Viele Mediziner sehen selbst diese Grenzwerte mit großer Skepsis und raten dazu, vorsichtshalber darunter zu bleiben und auf gar keinen Fall täglich zu trinken.
KEINE FAUSTREGEL
Alkohol wirkt bei
jedem anders
Die Verträglichkeit von Alkohol ist so individuell wie die Menschen selbst. Einen für alle gültigen Grenzwert, ab dem Alkohol schädlich ist, gibt es nicht.
Experten nennen daher einen Anhaltspunkt. Unterhalb dieser Grenze schädigt der Alkoholkonsum die Gesundheit nur in Ausnahmefällen. Der Alkoholgenuss bis zu dieser Schwelle gilt deshalb als "risikoarm" - nicht "risikolos"! Schwangere sollten besser ganz auf Alkohol verzichten.
Frauen vertragen Alkohol wesentlich schlechter als Männer. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nennt einen täglichen Alkoholkonsum von 10 Gramm für Frauen und 20 Gramm für Männer als Grenzwert für einen gesundheitsgefährdenden Konsum. Vielen Experten sind diese Werte noch zu hoch angesetzt. Ihre Empfehlungen gehen dahin, diese Mengen maximal an zwei bis drei Tagen pro Woche zu sich zu nehmen, wenn man keine alkoholbedingten Organschäden riskieren möchte. Zur Orientierung: Ein Viertelliter Wein enthält etwa 20 Gramm reinen Alkohol, ein halber Liter Bier rund 15 Gramm und ein Glas Schnaps etwa 7 Gramm.
Wichtig: Organschäden sind nur eine Schattenseite des Alkohols, Abhängigkeit ist die andere. Für sie gibt es keinen Schwellenwert. Suchtgefahr besteht immer!
Die Horror-Liste der Risiken
Regelmäßiger, erhöhter Alkoholkonsum schädigt den ganzen Organismus
Gehirn und Psyche: Gehirnzellen werden zerstört. Die Kleinhirnrinde kann schrumpfen. Schwere zentralnervöse und psychiatrische Störungen können Auftreten
Peripheres Nervensystem: Entwicklung einer Polyneuropathie mit Beschwerden wie Schmerz, Kribbeln und Taubheitsgefühl in Armen und Beinen
Mund und Rachen: Erhöhtes Risiko von Krebs im Mund- und Rachenbereich, von Kehlkopf und Speiseröhre sowie Brustkrebs
Speiseröhre: Die Speiseröhre kann sich - besonders unter dem Einfluss hochprozentiger Alkoholika - entzünden. Wenn diese Entzündung chronisch wird, begünstigt sie Tumoren der Speiseröhre
Herz- und Kreislauf: Gefahr der Herzmuskelschwäche, von Bluthochdruck, erhöhtes Schlaganfallrisiko
Leber: Über Jahre hinweg können Fettleber, Leberzirrhose und Leberkrebs entstehen
Bauchspeicheldrüse: Eine chronische Entzündung kann sich entwickeln. Drüsenzellen werden geschädigt. Die Bildung von Steinen im Bauchspeicheldrüsengang wird gefördert
Magen und oberer Darmtrakt: Reizungen der Schleimhäute können zu Entzündungen und auch Geschwüren von Magenschleimhaut und Zwölffingerdarm führen. Das Krebsrisiko ist erhöht.
Schwangerschaft: Dem Ungeborenen drohen schwere Schäden: Untergewicht, Wachstumsverzögerungen, körperliche und geistige Missbildungen.
Stoffwechsel: Ein hoher Alkoholkonsum geht oft mit einer Mangelernährung einher. Alkohol deckt zwar den Kalorienbedarf, verringert aber den Appetit. Vitamin- und Mineralstoffmangel und bestimmte Mangelerkrankungen können die Folge sein. Alkohol ist ein Vitaminräuber. Mängel treten vor allem bei B-Vitaminen und Vitamin C und dem Spurenelement Zink auf. Der Natrium-Kalium-Haushalt gerät durcheinander. Der Zellstoffwechsel wird gestört. Blutfette sind erhöht. Das Risiko für Osteoporose steigt. Die Leistungsfähigkeit des Immunsystems wird beeinträchtigt, Infektionskrankheiten treten häufiger auf, auch schwere Infektionen wie Lungenentzündungen oder Tuberkulose.
Statistisch gesehen senkt Alkoholismus die Lebenserwartung um 15 Jahre, jeder siebte Alkoholabhängige nimmt sich das Leben. Zudem kommen etwa drei von 1.000 Kindern in Deutschland mit einer Behinderung zur Welt, weil die Mütter während der Schwangerschaft Alkohol getrunken haben
Ein bisschen Alkohol - gesund?
Wer ab und zu ein Gläschen Rotwein trinkt, der senkt angeblich sein Diabetes- und sein Herzkreislauf-Risiko, zu diesem Ergebnis kommen manche Untersuchungen. Eine alte Streitfrage: Ist Alkohol in Maßen vielleicht sogar förderlich für die Gesundheit? Viele Experten halten dagegen, dass es nicht der Alkohol ist, dem die positive Wirkung zugeschrieben wird. Die Schutzwirkung soll von anderen Inhaltsstoffen des Weines ausgehen. Diese finden sich jedoch ebenso in Obst und Gemüse. Mit einer gesünderen Ernährung wäre also höchstwahrscheinlich ein ähnlich gesundheitsfördernder Effekt zu erreichen - ohne die Risiken des Alkohols in Kauf nehmen zu müssen. Ob ein guter Tropfen - ab und an genossen - einen positiven Effekt auf die Seele hat, bleibt offen.
ALKOHOL
Gift für das
ungeborene Kind
Würden Sie Ihrem Baby Bier ins Fläschchen tun? Im Leben nicht. Aber etwas Ähnliches passiert, wenn Schwangere trinken. Die Folgen für den Embryo können verheerend sein.
Starkes Untergewicht bei der Geburt, ein zu kleines Gehirn, eine Gaumenspalte oder ein Loch in der Herzwand: die Liste der Missbildungen ist lang. Babys von alkoholkranken Müttern können mit schwersten Behinderungen zur Welt kommen. Kaum geboren, leidet manches Alkoholikerkind bereits unter Entzugserscheinungen.
Alkohol überwindet die Blut-Hirn-Schranke
Tragik ja, Schicksal nein: Die Behinderungen der Kinder alkoholkranker Mütter sind absolut vermeidbar. Sie leiden unter dem "fetalen Alkohol-Syndrom", abgekürzt FAS oder auch Alkoholembryopathie genannt.
Was passiert, wenn die Mutter trinkt? "Alkohol ist ein Zellgift", erläutert Prof. Hermann Löser von der Universität Münster. Löser ist Kinderarzt und Spezialist auf dem Gebiet der Alkoholschäden. "Wegen seiner guten Lösungseigenschaften verteilt sich Alkohol im Körper sehr schnell und gleichmäßig. Die Blut-Hirn-Schranke überwindet er spielend, ebenso den Mutterkuchen (Plazenta). Das bedeutet, dass der Fetus weitgehend die gleiche Konzentration an Alkohol im Blut hat wie die Mutter." Die Blut-Hirn-Schranke ist ein wichtiger Schutzmechanismus gegen das Eindringen von Schadstoffen in das Gehirn.
Nahezu alle Organe sind betroffen
Und die Konsequenz? "Alkohol vergiftet alle Körperzellen. Diese können sich nicht normal entwickeln und vermehren, so dass sich Organsysteme und Gewebe mangelhaft oder fehlerhaft ausbilden." Daraus erklärt sich auch, dass nahezu alle Organe des wachsenden Kindes durch Alkohol geschädigt werden können. Die Gefahr ist am größten, wenn die Mutter in der frühen Schwangerschaft trinkt. Denn in den ersten acht Wochen der Embryonalperiode, werden Herz, Gehirn, Augen, Ohren, Arme, Beine und weitere Organe angelegt. So zeigen sich die typischen Missbildungen beim fetalen Alkoholsyndrom als Kleinwuchs, Untergewicht, Kleinköpfigkeit, mangelhafte Muskelentwicklung, typische Gesichtsveränderungen, geistige Entwicklungsverzögerung und Verhaltensstörungen.
Alkohol-Stopp nicht erst ab Test-Ergebnis
Wichtig ist, nicht erst abstinent zu werden, wenn die Schwangerschaft definitiv feststeht. Alkohol sollten Frauen meiden, sobald sie ein Kind planen, und nicht erst, wenn der Test positiv reagiert. Denn bis dahin gehen häufig sechs Wochen ins Land. Dabei sind die ersten acht Wochen entscheidend für die embryonale Organentwicklung. "Keine Frau schadet Ihrem Kind mit Absicht, auch Alkoholikerinnen nicht," sagt Marlis G., die über die Jahre zur FAS- Expertin geworden ist. "Aber das Unwissen ist ein großes Problem. Viele Frauen haben die Mir-wird-schon-nichts-passieren-Mentalität und trinken Alkohol. Sie sollten wissen, dass ihr Baby mittrinkt und nicht nein sagen kann. Keine würde als Mutter Bier in die Babyflasche tun, das wäre schockierend. Aber sie trinken als Schwangere, und das Ergebnis ist das Gleiche."
SCHWANGERSCHAFT
Ab wann ist Alkohol
schädlich fürs Ungeborene?
Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren? Halten Sie sich während der Schwangerschaft lieber nicht an diesen Satz. Denn niemand kann sagen, ab welcher Menge Alkohol Schäden bei Ihrem Kind auftreten können.
Darf eine werdende Mutter überhaupt nichts trinken? Prof. Hermann Löser von der Universität Münster: "Es lässt sich keine für den Embryo sichere, unbedenkliche Menge angeben. Also kein Grenzwert, den man einhalten könnte, unterhalb dessen kein Schaden beim Kind zu befürchten ist." Löser ist Kinderarzt und Spezialist auf dem Gebiet der Alkoholschäden. Früher nahm man an, dass eine Alkoholschädigung des Kindes nur bei "Alkoholikerinnen" auftritt.
Heute weiß man es besser. Langzeituntersuchungen haben gezeigt, dass auch bei dem gesellschaftlich völlig akzeptierten "geselligen Trinken" in manchen Fällen Alkoholschäden beim Kind entstehen. Statistisch können schon nach regelmäßigem Konsum von täglich 15 Gramm reinem Alkohol - das entspricht einem großes Glas Bier oder einem Glas Wein - Alkoholeffekte beim Kind erfasst werden. Gerade zu Beginn der Schwangerschaft gilt der gelegentliche, aber exzessive Alkoholgenuss als bedenklich. "Zwar ist gelegentlich ein Gläschen kein Grund zur Panik", resümiert Prof. Löser. "Aber wer ganz sicher gehen will, sollte alkoholische Getränke in der Schwangerschaft ganz meiden."
Die Dunkelziffer bei Alkoholschäden ist hoch
Etwa 2.200 Kinder - eines von 250 - werden jährlich allein in Deutschland mit fetalem Alkoholsyndrom geboren. Auf bis zu 15.000 pro Jahr wird offiziell die Zahl der Kinder geschätzt, die ohne körperliche Fehlbildung, aber mit geistigen Defiziten durch Alkoholschäden zur Welt kommen. Die Dunkelziffer ist hoch, denn viele Fehlentwicklungen verlaufen relativ diskret. Manche dieser Kinder bekommen später, im Kindergarten oder in der Schule, das Etikett "hyperaktiv" und "aufmerksamkeitsgestört" übergestülpt. "Leichte Alkoholschäden beim Kind werden oft nicht als solche erkannt", weiß Prof. Löser. "Die Veränderungen können so gering sein, dass ein Laie anfangs einen Unterschied zum gesunden Kind nicht bemerkt. Wir sprechen dann von fetalen Alkoholeffekten, im Gegensatz zum voll ausgeprägten FAS."
Der Schädigungsgrad beim Kind hängt im Wesentlichen vom Ausmaß des Alkoholmissbrauchs bei der Mutter ab. Der reicht vom Gelegenheitstrinken bis hin zu schwerer Alkoholabhängigkeit. Dementsprechend unterscheidet man bei den kindlichen Alkoholschäden leichte, mittlere und hohe Schweregrade (Grad I bis III). Die Übergänge sind fließend. Bei vielen Kindern ist die körperliche und geistige Entwicklung in gleichem Umfang verzögert. Bei anderen überwiegen Hirnleistungsschwächen oder Verhaltensstörungen, aber körperlich ist ihnen nichts anzumerken.
ALKOHOLISMUS
Pro Jahr über 2.000
behinderte Kinder
Der Missbrauch von Alkohol fordert pro Jahr in Deutschland mehr als 40.000 Todesopfer und führt bei etlichen Neugeborenen zu Missbildungen oder Behinderungen. Diese Zahlen ließen sich durch die rechtzeitige Diagnose und die Selbsterkenntnis Betroffener erheblich reduzieren.
1,6 Millionen Menschen in Deutschland gelten als alkoholkrank, weitere 2,7 Millionen weisen ein riskantes Trinkverhalten auf. Nicht nur die Alkoholkranken selbst, auch ihre Familien rutschen meist ins soziale Elend ab. "Immer noch wird der Alkoholmissbrauch in unserer Gesellschaft bagatellisiert", kritisierte die Drogenbeauftragte Caspers-Merk.
Mit dem "Apfelsaftgesetz" zwang der Gesetzgeber die Gastronomie zumindest ein nicht-alkoholisches Getränk anzubieten, das billiger als das billigste alkoholische Getränk ist. Doch ihr erstes Bier, ihren ersten Wein oder ihren ersten Schnaps probieren drei Viertel der Jugendlichen zu Hause.
Das verhängnisvolle Spiel des "Teufels Alkohol" wird oft zu spät erkannt. Grund dafür sei in erster Linie ein Ausbildungsdefizit bei den Medizinern, sagte Karl Mann, Inhaber des einzigen Lehrstuhls für Suchtforschung in Deutschland. Das Thema Sucht würde in der Ausbildung vernachlässigt. Viele wüssten nicht, dass schon die Diagnose und ein Beratungsgespräch zu Verhaltensveränderungen bei Alkoholkranken führen können, fügte der Experte hinzu.
Ein Fünftel der Krankenhaus-Patienten kämpft mit den Folgen von Alkoholmissbrauch
Obwohl die internistischen und chirurgischen Abteilungen der Krankenhäuser zu mehr als 20 Prozent mit Alkoholikern belegt sind, deren Organe von Alkoholkonsum geschädigt sind oder von solchen, die in Unfälle verwickelt waren, werde weniger als die Hälfte von ihnen richtig diagnostiziert, betonte Mann. Dabei sei Alkoholabhängigkeit im Vergleich zu anderen chronischen Krankheiten günstig zu behandeln. Von den rund zwei Millionen Alkoholabhängigen in Deutschland sind etwa 20 Prozent in Beratungen oder stationären Behandlungen. 80 Prozent besuchen lediglich einmal im Jahr ihren Hausarzt.
Deutschland:
Das Land mit der ganz besonderen Fahne
Experten zufolge liegt Deutschland in Sachen Alkohol mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 10,6 Litern nach wie vor weltweit in der Spitzengruppe. Zu den zwei Millionen Abhängigen kommen noch fast drei Millionen so genannte Alkoholmissbräuchler und etwa fünf Millionen Menschen "mit riskantem Alkoholkonsum", erklärte Mann. Statistisch gesehen senkt Alkoholismus die Lebenserwartung um 15 Jahre, jeder siebte Alkoholabhängige nimmt sich das Leben. Zudem kommen etwa drei von 1.000 Kindern in Deutschland mit einer Behinderung zur Welt, weil die Mütter während der Schwangerschaft Alkohol getrunken haben.
Broschüre:
"Alkoholfrei durch die Schwangerschaft"
"Die gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen des hohen Alkoholkonsums in Deutschland dürfen nicht länger bagatellisiert werden", sagte Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bei der Vorstellung mehrerer Ratgeber der BZgA in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer. Jährlich gebe es hierzulande 42.000 alkoholbedingte Todesfälle. Die Kosten, die durch alkoholbedingte Krankheiten entstünden, würden sich auf geschätzte 20,45 Milliarden € belaufen.
Alkoholmissbrauch lasse sich durch vorbeugende Maßnahmen und frühzeitiges Erkennen und Behandeln reduzieren. Mit dem Ratgeber "Alles klar? - Tipps und Informationen für den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol" könnten Interessierte abschätzen, ob ihr Alkoholkonsum problematisch sei. Für schwangere Frauen gibt es die Broschüre "Alkoholfrei durch die Schwangerschaft", die auch im Internet unter www.bzga.de
NOR EIN WÄNZIGER SCHLOCK
Warum die Feuerzangenbowle
verheerende Wirkung hat
Was mit dem Alkohol aus Bowle, Scotch und Weißbier in unserem Organismus passiert.
Wenn wir einen Schluck "Geistreiches" zu uns nehmen, wird der Alkohol über die Schleimhaut des Verdauungstraktes in den Körper aufgenommen. Schon im Magen gehen etwa 20 Prozent der Gesamtmenge ins Blut über. Wie gut diese Resorption funktioniert, ist unter anderem vom Füllungszustand des Magens abhängig: Bei leerem Magen gelangt der Alkohol besonders schnell ins Blut. Vor allem fettreiches Essen verzögert die Alkoholaufnahme. Die restlichen 80 Prozent Alkohol gelangen über die Darmschleimhaut ins Blut.
Promille -
Alkohol im Blut
Die im Blut festgestellte Alkoholmenge (Blutalkoholkonzentration) wird in Promille angegeben: Darunter versteht man die Alkoholmenge in Gramm pro 1.000 g Blut. Die höchste Blutalkoholkonzentration ist bereits nach einer halben bis einer Stunde erreicht. Wie rasch der Alkoholpegel im Blut ansteigt ist unter anderem von Gewicht und Geschlecht abhängig. Mit dem Blut wird der Alkohol im ganzen Körper und schließlich im Gewebewasser verteilt.
Herz und Kreislauf -
trügerisches Wärmegefühl
Alkohol bewirkt, dass sich die Blutgefäße der Haut weitstellen. Subjektiv empfinden Alkoholisierte ein Wärmegefühl. In Wirklichkeit gibt der Körper aber über die gesteigerte Hautdurchblutung mehr Wärme nach außen ab. Sich bei Minusgraden mit Alkohol "aufzuwärmen" ist deshalb keine gute Idee.
Wasserhaushalt -
Die Schleusen öffnen sich
Alkohol hemmt die Ausschüttung des Hormons ADH (antidiuretisches Hormon). Die Folge: Der Körper scheidet mehr Flüssigkeit aus als gewöhnlich. Übermäßiger Durst und Kreislaufprobleme nach einer durchzechten Nacht sind zum Teil auf Flüssigkeitsmangel zurückzuführen.
Stoffwechsel -
Zucker wird knapp
Da die Leber plötzlich die Aufgabe bekommt, Alkohol abzubauen, gerät sie mit manch anderer Aufgabe in Verzug - beispielsweise der Bereitstellung von ausreichend Blutzucker. Kopfschmerzen und Gereiztheit nach reichlich Alkoholgenuss können eine Folge von Unterzucker sein.
Alkohol -
kein Aphrodisiakum
Entgegen so manchem Vorurteil hat Alkohol eine dämpfende Wirkung und beeinträchtigt die sexuelle Leistungsfähigkeit, selbst wenn die psychische Zurückhaltung weichen mag. "Er fördert das Verlangen und dämpft das Tun", beschreibt es Shakespeare treffend in Macbeth.
Beschwipst -
Alkohol im Gehirn
Über das Blut gelangt der Alkohol unter anderem ins Gehirn. Dort funkt er je nach Menge heftiger oder weniger heftig in die Informationsübertragung zwischen den Nervenzellen: In kleinen Mengen wirkt Alkohol anregend, stimmungssteigernd, löst Hemmungen und Ängste - meistens auch die Zunge. In mittlerer und höherer Dosis wirkt er jedoch hemmend. Die gelöste Stimmung kann rasch in Gereiztheit, Aggression und Gewalt umschlagen.
Koordinationsfähigkeit und Sprache werden zunehmend beeinträchtigt, und schließlich stellt sich eine erhebliche Ermüdung und Benommenheit ein. Bei sehr hohem Promillegehalt drohen Koma und schließlich der Tod. Wer andere Drogen oder Medikamente mit Alkohol zusammen einnimmt, riskiert, dass sich die Wirkung der einzelnen Substanzen extrem verstärkt.
Bei Personen, die regelmäßig trinken, passen sich die Hirn-Rezeptoren allmählich an den gewohnten Alkoholpegel an - bei aprupter Abstinenz geraten die Hirnfunktionen deshalb massiv aus dem Gleichgewicht. Entzugserscheinungen treten auf.
Alkohol-Abbau -
eine Frage des Geschlechts
Etwa fünf Prozent des Alkohols werden über Schweiß, Urin und Atemluft wieder ausgeschieden (so entsteht die typische "Alkohol-Fahne"). Der Großteil wird in der Leber abgebaut. Zuständig für den Alkohol-Abbau ist in erster Linie das Enzym Alkoholdehydrogenase. Es ist vor allem in der Leber, aber auch in der Magenschleimhaut aktiv. Daneben gibt es das Mikrosomale Ethanoloxidierende System (MEOS). Anders als die Alkoholdehydrogenase kann dieser Abbauweg durch regelmäßiges Trinken stimuliert werden. Allerdings geraten damit oft zahlreiche andere Körperfunktionen und Gleichgewichte aus dem Lot.
Im Schnitt schafft die Leber einen Alkohol-Abbau von 0,1 g pro Stunde und Kilogramm Körpergewicht. Indiviuelle Einflüsse spielen dabei ein Rolle. Bei Frauen ist die Abbauleistung der Leber geringer als bei Männern - ein Grund, warum Frauen "weniger vertragen" als Männer. Ein weiterer Grund: Der Flüssigkeitsgehalt des männlichen Körpers beträgt etwa 70 Prozent, der des weiblichen Körpers nur rund 60 Prozent. Der konsumierte Alkohol wird bei Frauen also auf weniger Flüssigkeit, dafür mehr Fett verteilt - sie erreichen eine höhere Blutalkoholkonzentration.
Beispiel:
Ein 70 kg schwerer Mann kann pro Stunde rund 7 g Alkohol abbauen - das entspricht ungefähr einem kleinen Glas Bier (200 ml) oder 75 ml Wein.
Beschleunigen lässt sich der Alkohol-Abbau nicht. Und Vorsicht: Der Alkohol-Abbau beginnt nicht mit dem ersten Schluck, sondern verzögert.
WEGE AUS DER SUCHT
Der Weg in die Abhängigkeit
Der erste Schritt
Alkohol regt die Ausschüttung von Botenstoffen im Belohnungszentrum des Mittelhirns an und verändert den Informationsaustausch in der Hirnrinde: Die entspannenden Impulse sind jetzt stärker als die erregenden - der Alkohol beruhigt.
Die nächste Etappe
Bei anhaltend hohem Alkoholkonsum baut der Körper ein Gegengewicht zu den beruhigenden Signalen im Gehirn auf: Erregende und entspannende Impulse sind nun wieder ausgeglichen.
Ohne Droge geht nichts mehr
Trinkt der Patient keinen Alkohol, bleiben die erregenden Nervensignale ohne Gegensteuerung: Es kommt zu Entzugserscheinungen wie Zittern. Gleichzeitig bleibt das Wohlgefühl aus, das der Alkohol über das Belohnungszentrum ausgelöst hat.
ALKOHOLSUCHT
Rückfall-wahrscheinlichkeit sichtbar machen
Untersuchungen mit Magnetresonanztomographen lassen Schlüsse auf das Risiko zu, dass ein trockener Alkoholiker wieder zur Flasche greift.
Warum viele ehemalige Alkoholiker wieder anfangen, zu trinken, hängt offenbar mit Veränderungen im Gehirn zusammen. Durch radiologische Untersuchungen lassen sich diese Veränderungen sichtbar machen. Je stärker das Gehirn im Vergleich zu Nichtalkoholikern verändert ist, desto höher ist das Rückfallrisiko, fanden Forscher um Andreas Heinz von der Psychiatrischen Klinik der Charité heraus.
Alkoholsucht aktiviert bestimmte Teile des Gehirns. In diesen Bereichen ist der Stoffwechsel aktiver, als in benachbarten Gebieten. Durch den Alkohol werden angenehm wirkende Botenstoffe wie Dopamin und Endorphine ausgeschüttet.
Gehirn mit Suchtgedächtnis
Bei der Sucht werden die Gehirnbereiche wiederholt aktiviert, es bildet sich eine Art Suchtgedächtnis aus. Das Gehirn erinnert sich daran, dass Trinken einmal mit angenehmen Gefühlen verbunden war, selbst wenn es keine Freude mehr bereitet. Dieses Gedächtnis wird nach einer Weile nicht erst beim direkten Kontakt mit Alkohol aktiviert, sondern bereits bei Reizen wie Alkoholreklame, Biergläsern, Flaschen oder Bierfässern.
Je stärker die Veränderung, desto höher das Risiko
Andreas Heinz und sein Team haben trockene Alkoholabhängige mit nichtsüchtigen Patienten verglichen und konnten zeigen, dass die optischen Reize bei den Ex-Alkoholikern bestimmte Bereiche im Stirnhirn und dem sogenannten Striatum aktivierten.
Die Aktivierung war vom Ausmaß der Veränderung im Dopaminsystem abhängig und bei jenen Süchtigen besonders stark, bei denen es zu Rückfällen kam. Dabei war die Menge des im Rückfall konsumierten Alkohols direkt davon abhängig, wie hoch die Aktivität in den Gehirnarealen angestiegen war. Dagegen spielten die Länge der Alkoholsucht oder die Zeit der Abstinenz keine Rolle.
Einteilung der Patienten in Risikogruppen möglich
In der Zukunft könnte es möglich sein, durch die Gehirnaktivität in den Bereichen des Suchtgedächtnisses einen Rückschluss auf die Rückfallgefahr zu ziehen. Den gefährdeteren Patienten könnte man dann spezielle Therapien anbieten. Die Untersuchungsergebnisse erscheinen in der Fachzeitschrift "Psychopharmacology".
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Das Suchtrisiko steckt auch in den Genen - trotzdem schaffen heute immer mehr Süchtige den Ausstieg
Die Suchtkarriere von Wolfgang H. begann typisch: in der Kindheit. "Mit acht Jahren", erinnert sich der heute 41- jährige Mannheimer, "bekam ich wegen Schlafstörungen regelmäßig ein Beruhigungsmittel." Als der Arzt es nicht mehr verschreiben wollte, griff H., inzwischen 14-jährig, zu den Weinflaschen im elterlichen Keller. "Auf zwei Flaschen pro Tag bin ich schon gekommen", rechnet er zusammen. Die Gewöhnung trat schnell ein. "Nur, wenn ich noch mehr oder härtere Alkoholika trank, ging es mir körperlich schlecht", sagt Wolfgang H.
Während der Bäckerlehre, die er später antrat, verschärfte sich das Problem noch, denn ob Rum oder Kirschwasser: Alkoholisches war in der Backstube immer verfügbar. Typisch war wohl auch, dass die Eltern nichts gegen die Sucht ihres Sohns unternahmen: Sie hatten selber Alkoholprobleme - "genau wie meine drei Geschwister", ergänzt Wolfgang H.
Liegt die Alkoholkrankheit in der Familie? Prof. Dr. Karl Mann würde das nicht überraschen. "Die Gene spielen bei Drogenproblemen eine wesentliche größere Rolle, als wir früher angenommen haben", sagt der Suchtforscher vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Mann schätzt, dass die genetische Vorbelastung etwa 50 Prozent zur Entstehung einer Abhängigkeit beiträgt. "Die andere Hälfte liefert die Umwelt, etwa in Form von beruflicher Überlastung", erklärt der Wissenschaftler. Bei manchen Patienten dürfte die Veranlagung sogar die ausschlaggebende Rolle spielen.
Noch haben die Forscher nicht alle verantwortlichen Gene dingfest gemacht. Doch das Bild, das Ärzte von der Sucht haben, hat sich in den vergangenen Jahren bereits grundlegend gewandelt - und mit ihm der Kampf gegen die Abhängigkeit.
POSITIVE NEBENWIRKUNG
Epilepsie-Medikament hilft Alkoholikern
US-Forscher entdeckten bei einem Epilepsie-Medikament einen erstaunlichen Zusatz-Nutzen: Es reduziert die Lust auf Alkohol.
Beim gemeinsamen Einsatz mit einer Standard-Therapie sank bei schweren Alkoholikern der Alkoholkonsum, berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Lancet. "Alle 150 Patienten waren während des klinischen Versuchs schwere Trinker. Männer tranken fünf alkoholische Getränke am Tag, Frauen vier", erklärte Bankole Johnson, Leiter der Abteilung für Alkohol- und Drogensucht am Forschungs-Zentrum. Der Hälfte der Teilnehmer wurde über einen Zeitraum von drei Monaten das Epilepsie-Medikament mit dem Wirkstoff Topiramat verschrieben, der anderen ein Placebo.
Das Ergebnis: Topiramat-Patienten waren sechs Mal häufiger einen ganzen Monat lang abstinent als die Vergleichsgruppe, so die Autoren. Nach drei Monaten tranken Topiramat-Patienten um drei alkoholische Getränke weniger als die Placebo-Gruppe. Zusätzlich reduzierten sich auch die Tage mit sehr hohem Alkholkonsum um rund 28 Prozent. Tage der Abstinenz stiegen im Gegenzug um rund 26 Prozent.
Möglicherweise bewirkt Topiramat, dass nach dem Genuss von Alkohol im Gehirn weniger Dopamin ausgeschüttet wird, vermuten die Wissenschaftler. Der Botenstoff wird mit dem Suchtverhalten in Zusammenhang gebracht. Der Zusatz-Nutzen des Medikamentes werde nun weiter erforscht. Erst kürzlich hatte sich bei Topiramat schon einmal ein unerwarteter Zusatznutzen gezeigt: Bei der US Food and Drug Administration (FDA) wurde ein Patent zum Einsatz des Medikaments gegen Migräne beantragt.
WEGE AUS DER SUCHT
Erwiesen:
Die Sucht ist keine schlechte Angewohnheit. "Es ist eine Krankheit, die sich in der Chemie des Hirns niederschlägt", sagt Mann. Appelle zu mehr Disziplin helfen einem Alkoholiker also kaum weiter. Klar ist auch: Je früher Kinder und Jugendliche mit Alkohol, Zigaretten oder anderen Drogen in Kontakt kommen, desto größer ist die Gefahr, dass das noch junge Gehirn auf Sucht programmiert wird. Das Risiko, als 60-Jähriger zum Raucher zu werden, gilt dagegen als vergleichsweise gering.
Ermutigend:
Der Ausstieg wird leichter. Die Erkenntnisse der Grundlagenforscher haben eine wirksamere Therapie möglich gemacht. Vor allem für Alkoholkranke sind die Behandlungschancen heute deutlich besser als noch in den 1980er Jahren. "Fast jedem zweiten ausstiegswilligen Alkoholiker können wir auf Dauer helfen", schätzt Mann. Neue Medikamente, die derzeit im Test sind, sollen die Erfolgsquote weiter erhöhen.
Das große Problem: Die wenigsten Süchtigen suchen wegen ihrer Abhängigkeit ärztliche Hilfe - von den Alkoholikern tut es zum Beispiel in Deutschland nur jeder Zehnte.
Ernüchternd:
Abschreckung genügt nicht. Dass fett gedruckte Warnhinweise auf Zigarettenpackungen ("Rauchen tötet") bei hart gesottenen Rauchern nicht fruchten, wurde von den meisten Experten erwartet. Zu befürchten ist aber, dass solche Drohbotschaften auch viele Heranwachsende nicht vom Einstieg in den Nikotin- oder Alkoholkonsum abhalten. Forschungen des Mannheimer Kinder- und Jugendpsychiaters Prof. Dr. Martin Schmidt zeigen: Gerade Jugendliche, die bewusst Risiken suchen oder psychische Probleme haben (wie etwa Aufmerksamkeitsstörungen), sind besonders suchtgefährdet. "Diese Menschen lassen sich durch Warnungen vor gesundheitlichen Folgeschäden kaum abschrecken", kommentiert Schmidt.
Abhängigkeit ist kein Problem von Randgruppen. Allein die Zahl der Alkoholkranken beläuft sich in Deutschland auf zwei Millionen - vorsichtig geschätzt. Mindestens sechs Millionen Bundesbürger haben einen so genannten "riskanten Konsum": Sie trinken regelmäßig größere Mengen Alkohol und stehen damit häufig an der Schwelle zur Sucht.
Immer noch unterschätzt wird die Nikotin-Abhängigkeit: Rund 4,3 Millionen Raucher (von insgesamt 23 Millionen in der Bundesrepublik) würden Entzugserscheinungen bekommen, wenn sie auf ihren Glimmstängel verzichten müssten.
Die Bilanz der Volksdrogen fällt verheerend aus. Alkohol ist ein Zellgift - und nicht nur für schwere (und oft tödliche) Leber- und Nervenerkrankungen verantwortlich: "Alkoholkonsum von Schwangeren ist der häufigste Grund für Missbildungen von Neugeborenen", berichtet Mann. Nikotin schädigt zwar nicht direkt, dafür aber sind die übrigen Stoffe im Zigarettenrauch (wie Kohlenmonoxid) hoch giftig. Herzinfarkte, Schlaganfälle und Krebserkrankungen (nicht nur der Atemwege) sind die schwerwiegendsten gesundheitlichen Folgen. "Jeder fünfte Patient in deutschen Krankenhäusern", schätzt Mann, "ist direkt oder indirekt ein Suchtpatient."
Wie entsteht Sucht? Als sicher gilt, dass erbliche Anlagen den Einstieg beschleunigen können. Beispiel Alkohol: "Manche Menschen können viel trinken, ohne unangenehme Symptome zu spüren, etwa Kopfschmerzen", sagt Mann. "Vermutlich wird bei ihnen der Alkohol genetisch bedingt schneller im Körper abgebaut."
Was zunächst als Vorteil erscheint ("ich kann andere unter den Tisch trinken"), wird schnell verhängnisvoll. "Den Betroffenen fehlt ein natürliches Warnsignal, das sie bei erhöhtem Alkoholkonsum zurückpfeift", erläutert Mann. Damit aus dem wiederholten Kontakt mit der Droge eine Sucht wird, muss allerdings noch mehr passieren. "Mit der Zeit verändert sich der Haushalt der Botenstoffe, die im Gehirn für den Austausch von Informationen zwischen den Nervenzellen sorgen", erläutert Mann.
Beteiligt sind das Belohnungszentrum - es sorgt dafür, dass die Droge mit einem Wohlgefühl in Verbindung gebracht wird - und die Hirnrinde. Sie ist für unser bewusstes Denken zuständig. Resultat: Das Gehirn stellt sich auf den Suchtstoff ein. Bleibt er aus, kommt es zu einer akuten Schieflage in der Regulation der Botenstoffe. Entzugserscheinungen wie Krämpfe, Schweißausbrüche und depressive Verstimmungen sind dann die Folge. Nikotin macht besonders schnell süchtig: Bei Rauchern kann sich eine Abhängigkeit schon wenige Monate nach der ersten Zigarette entwickeln. Alkoholismus baut sich dagegen schleichend im Lauf von mehreren Jahren auf.
Die Gene sind nicht allein schuld
Ob und wie schnell ein Mensch suchtkrank wird, hängt von seinen Erbanlagen ab - nicht jeder, der regelmäßig größere Mengen Alkohol trinkt, wird abhängig. "Doch die Gene allein machen noch keine Sucht", betont Prof. Dr. Rainer Spanagel, Pharmakologe am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit. "Es muss immer noch ein äußerer Anstoß dazukommen." Wie das Zusammenspiel von Genen und Umwelt aussehen kann, hat Spanagel in Versuchen an Mäusen herausgefunden.
Den speziell gezüchteten Labortieren fehlte ein Gen, das für die Stressbewältigung zuständig ist. "In normaler Umgebung", sagt Spanagel, "verhielten sich die Versuchsmäuse nicht anders als ihre Artgenossen." Der Unterschied zeigte sich erst, als der Forscher die Tiere unter Stress setzte (etwa durch räumliche Enge): Die genveränderten Mäuse tranken gierig vom bereitgestellten Alkohol - und behielten dieses Verhalten auch bei, nachdem die Stress Auslöser wieder abgeschaltet wurden. Spanagel vermutet bei vielen Drogen abhängigen einen ähnlichen Mechanismus. "Auch wir haben Stressregulations-Gene, die von Mensch zu Mensch unterschiedlich aktiv sind", sagt er. "Die Betroffenen neigen dazu, in belastenden Situationen zur Flasche zu greifen - und gewöhnen sich diese vermeintliche Entlastungsstrategie sehr schnell an."
Zentrales Problem:
der Rückfall
Die Erkundung der biologischen Wurzeln der Drogenabhängigkeit soll die Behandlung gezielter und damit Erfolg versprechender machen. "Bisher", sagt Suchtforscher Mann, "wissen wir kaum, welcher Patient auf welche Therapie am besten anspricht. Oder wie hoch die individuelle Rückfallgefahr ist." Denn dass viele Kranke trotz zunächst gelungener Behandlung wieder in die Abhängigkeit rutschen, bleibt eine der großen Sorgen der Suchttherapeuten. Die Heilungschancen haben sich zwar verbessert: Für Alkoholiker etwa steht seit Mitte der 1990er Jahre mit Acamprosat ein Medikament zur Verfügung, das offenbar das gestörte Gleichgewicht der Botenstoffe im Kopf verbessern kann. Und für chronische Raucher gibt es Arzneimittel, die den Entzug erleichtern können. Auch die Psychotherapie - unverzichtbarer Bestandteil der meisten Ausstiegsprogramme - gilt inzwischen als wissenschaftlich abgesichert. "Doch das Arsenal an Pharma-Wirkstoffen reicht noch nicht - vor allem nicht, um jedem Ausstiegswilligen zu helfen", sagt Mann.
Hoffnung setzen Suchtmediziner in neue Medikamente, die direkt an den Andockstellen der Botenstoffe auf der Nervenzelle wirken. Einzelne dieser Substanzen sind bereits in der letzten Testphase. Immerhin wissen Suchtforscher heute mehr darüber, warum die Abstinenz so ungemein schwer fällt. "Selbst bei therapierten Alkoholkranken", hat Mann mit speziellen Gehirn-Schichtaufnahmen herausgefunden, "genügt allein das Anschauen eines gefüllten Bierglases, um Reaktionen im Belohnungszentrum auszulösen, die das Verlangen nach Alkohol steigern."
Das bedeutet: Schon der Anblick eines Werbeplakats für ein alkoholisches Getränk bringt einen "trockenen" Alkoholiker in Rückfallgefahr. Der Befund untermauert, was Experten schon lange vermuten: Oft hängt es von der Situation ab, ob ein Suchtkranker wieder schwach wird. "Das Fatale ist", sagt Dr. Norbert Scherbaum, Suchtmediziner an den Rheinischen Kliniken Essen, "dass viele Menschen, wenn sie trinken, oft auch rauchen. Etwa in der Kneipe oder auf einer Party." Scherbaum hält es daher nicht für Zufall, dass die meisten Alkoholiker auch starke Raucher sind - und möglicherweise für einen Fehler, die zwei Suchterkrankungen getrennt zu bekämpfen.
"Hinzu kommt, dass sich Alkohol und Nikotin in der Wirkung gegenseitig verstärken", so Scherbaum. "Außerdem sterben Trinker häufiger an den Folgen des Rauchens als an den gesundheitlichen Schäden durch den Alkohol." Der Mediziner testet daher die Chancen eines begleitenden Nikotinentzugs bei Patienten, die wegen ihrer Trunksucht in stationärer Behandlung sind. Dass auch jahrelange Abstinenz einen Alkoholiker nicht vor einem Rückfall schützt, zeigt das Beispiel von Wolfgang H. Nachdem er im Alter von 18 zum ersten Mal mit einer Entziehungskur den Ausstieg geschafft hatte, blieb er fast zwanzig Jahre "trocken". "Doch dann kriselte es in meiner Ehe", berichtet Wolfgang H. "Ich dachte: Ein paar Schlücke kann ich mir wohl genehmigen, ohne dass es gefährlich wird."
Ein folgenschwerer Irrtum: "Die Sucht hatte mich sofort wieder", erinnert sich der Mannheimer. Erst eine erneute Entziehungstherapie in der Klinik befreite ihn wieder aus der Abhängigkeit. Heute ergreift Wolfgang H., der jetzt als Verwaltungsangestellter arbeitet, Vorsichtsmaßnahmen: "Manche Feiern lasse ich aus, um mich nicht in Versuchung zu bringen." Wenn Wolfgang H. Schokolade kaufen möchte oder Medikamente braucht, schaut er zunächst, ob Alkohol unter den Inhaltsstoffen ist. "Diese Kontrolle ist für mich zur Selbstverständlichkeit geworden", sagt er. "Es ist eigentlich nichts Besonderes. Zuckerkranke zum Beispiel dürfen ja auch nicht beliebig essen, was sie wollen." Am wichtigsten ist für ihn die Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe: "Sie ist mein Sicherheitsnetz." Seinen Sieg über die Alkoholsucht betrachtet Wolfgang H. als Etappenerfolg: "Noch bin ich Raucher. Das möchte ich als Nächstes ändern."
Bier
ein alkoholisches, kohlensäurehaltiges Getränk, das aus stärkereichen Rohstoffen (v. a. Getreide) durch alkoholische Gärung gewonnen wird. Bier ist das meistkonsumierte alkoholische Getränk in Deutschland.
Geschichte:
Neben Wein gehört Bier zu den ältesten Getränken der Menschheit. Schon im 3. Jt. v. Chr. war Bier in Mesopotamien ein verbreitetes Volksgetränk; die Sumerer verbackten gemälztes Getreide zu Broten, die sie dann in Wasser auflösten und vergären ließen. Die Kunst des Bierbrauens wurde von den Babyloniern anderen Völkern des Vorderen Orients vermittelt und verbreitete sich in der Antike im gesamten Mittelmeerraum, durch die Römer dann u. a. auch in Germanien.
In Europa wurde Bier ursprünglich aus gemälztem oder ungemälztem Getreide (Hirse, Gerste, Weizen, Hafer, Roggen) obergärig gebraut. Um das süßliche Getränk schmackhafter zu machen, setzte man u. a. Baumrinde, Honig, Wacholder, Pilze und vermutlich auch Hopfen zu. Während in Norddeutschland genossenschaftliche und Bürgerbrauereien Bier erzeugten, lag die Bierherstellung im Süden v. a. in den Händen von Klöstern wie St. Gallen und Weihenstephan. Bier diente den Mönchen als Lebensmittel für die Fastenzeit, in der für das Essen, nicht aber für das Trinken Einschränkungen bestanden.
An der Wende vom 13. zum 14. Jh. traten, besonders in Norddeutschland, Handelsbrauereien (größere private Brauereien) neben die Klöster und Hausbrauereien; zur selben Zeit entwickelten sich die Bierbrauerzünfte. Im 14. Jh. verdrängte der Hopfen endgültig die bis dahin verwendeten Würz- und Bitterstoffe. Bis zur Mitte des 17. Jh. blieb Norddeutschland Schwerpunkt der Biererzeugung; danach verschob sich das Schwergewicht nach Bayern. Das Ansehen des bayerischen Biers beruhte v. a. auf der Einhaltung des Reinheitsgebots, das im Jahr 1516 in Bayern erlassen worden war und demzufolge nur bestimmte Rohstoffe zur Bierherstellung verwendet werden durften. Die Beliebtheit des Biers stieg so stark an, dass im 18. Jh. schließlich fast überall Bier gebraut wurde. Im 19. Jh. entwickelte sich die Bierbrauerei mit zunehmenden technologischen Möglichkeiten aus einem handwerksmäßigen Gewerbe zu einer bedeutenden Industrie.
Herstellung:
Bis heute gilt für alle in Deutschland hergestellten Biere das Reinheitsgebot, das besagt, dass untergäriges Bier nur aus Gerstenmalz, Wasser, Hopfen und Hefe gebraut werden darf, obergäriges Bier auch aus Weizenmalz und außerhalb Bayerns und Baden-Württembergs aus Zucker und Zuckercouleur. Im Ausland werden auch 10-40% ungemälztes Getreide (Gerste, Weizen, Reis oder Mais) verwendet. Die Bierherstellung erfolgt in drei Stufen: Malzherstellung, Würzebereitung und Gärung. Im ersten Schritt wird aus dem Getreide (Gerste, Weizen) das Zwischenprodukt Malz hergestellt. Dazu wird das Getreide durch Einweichen in Wasser zum Keimen gebracht. Die Stärke des Getreides wird dadurch zu einem Zucker abgebaut, den die Hefe in Alkohol verwandeln kann. Das auf diese Weise entstandene Grünmalz wird zur Haltbarmachung in einem als Darren bezeichneten Verfahren getrocknet.
Zur Würzebereitung wird dieses Darrmalz zunächst in Schrotmühlen zerkleinert, mit Wasser (Brauwasser) zu Maische vermischt und anschließend im Sudhaus erhitzt. Ursprünglich spielte die Qualität des Brauwassers bei der Bierherstellung eine wichtige Rolle, da die in ihm enthaltenen Mineralsalze (Ionen) mit den Phosphaten des Malzes reagieren und so den Säuregrad der Maische bestimmen. Die klassischen Biertypen wie Dortmunder, Münchener und Pilsener waren durch einen ganz bestimmten Brauwassertyp geprägt. Heute lässt sich durch Wasseraufbereitungsverfahren nahezu jede erforderliche Wasserbeschaffenheit erzielen. Die festen Bestandteile der Maische (Treber) werden von den gelösten Bestandteilen (Extrakt) abgetrennt; hierzu wird die Maische in eine Abläutervorrichtung gegeben, z. B. in einen Behälter mit Siebboden (Läuterbottich). Die vom Läuterbottich zuerst ablaufende trübe Würze wird so lange zurückgegeben, bis sie klar ist. Die dann gewonnene Haupt- oder Vorderwürze hat einen Extraktgehalt von 15-18% (Der Treber wird zur Viehfütterung verwendet.)
Bei der weiteren Verarbeitung wird die abgeläuterte Würze mit Hopfen versetzt, der dem Bier den bitteren Geschmack verleiht und eine leicht beruhigende, schlaffördernde Wirkung hat, und in der Sudpfanne anderthalb bis zwei Stunden gekocht. Durch das Kochen wird die Würze konzentriert und sterilisiert und die Hopfeninhaltsstoffe werden gelöst. Der Extraktgehalt (die Menge der gelösten Stoffe) der Würze, die so genannte Stammwürze, ist von Biersorte zu Biersorte verschieden. Die Würze wird nun gefiltert und je nach dem späteren Gärverfahren gekühlt.
Der dritte Schritt ist die Gärung. Sie erfolgt in großen Gärbottichen, in die die Hefe eingeleitet wird, die den Zucker in der Würze in Alkohol und Kohlendioxid spaltet. Es handelt sich hierbei um eine Reinkultur der verschiedenen Rassen von Saccharomyces cerevisiae (für die Herstellung von obergärigem Bier) oder Saccharomyces uvarum (für untergäriges Bier), die aus einer einzigen Hefezelle gewonnen, weitergezüchtet und in Reinzuchtapparaten vermehrt wird. Obergärige Hefen gären bei 15-20 °C; sie steigen am Ende der Gärung nach oben. Untergärige Hefen werden bei 5-10 °C geführt; sie setzen sich nach beendeter Gärung am Boden des Gärbehälters ab. Bei obergärigem Bier beträgt die Gärdauer nur zwei bis sieben Tage; die Nachgärung ist kurz. Untergäriges Bier erfordert eine längere Gärzeit (sieben bis zehn Tage) und Nachgärzeit (ein bis vier Monate). Zum Schluss wird das Bier in Fässer, Flaschen oder Dosen abgefüllt und kühl gelagert.
Sorten, Einkauf und Lagerung:
Bier wird in Deutschland nach zwei Merkmalen in Sorten eingeteilt: nach dem Gärverfahren (untergärig oder obergärig) und nach dem Stammwürzegehalt. Aus der Stammwürze lässt sich in etwa der Alkoholgehalt ermitteln: Er entspricht ungefähr einem Drittel der Stammwürze. Die Einteilung nach der Stammwürze stammt aus dem Biersteuergesetz. Danach gibt es Bier mit einem Stammwürzegehalt von weniger als 7% und 1,5-2,5 Vol.-% Alkoholgehalt (bis Mai 1991 als Einfachbier bezeichnet), Schankbier mit 7-11 % Stammwürze und 2,5-3,5 Vol.-% Alkoholgehalt, Vollbier mit 11-14 % Stammwürze und 3,5-5,5 Vol.-% Alkoholgehalt und Stark- und Bockbier mit mindestens 16 % Stammwürze und 5,2-9,5 Vol.-% Alkoholgehalt.
Die untergärigen Biere gliedern sich in helle, mittelfarbige und dunkle Typen. Die heute zu 90 % hellen Biere leiten sich vom ursprünglichen Pilsener und Dortmunder ab. Das Pilsener (Pils) ist zum Gattungsbegriff für stark gehopftes, kräftig bitteres Bier, das Dortmunder für ein stärkeres, hoch vergorenes, mild bitteres Bier geworden. Der mittelfarbige Typ ist auch als Märzenbier bekannt. Die dunklen Biere vom ursprünglichen Münchener Typ sind malzaromatisch und süßlich, während der Hopfencharakter zurücktritt.
Zu den obergärigen Bieren zählt das Weizenbier, das je zur Hälfte Weizen- und Gerstenmalz enthält; es erhält durch die Nachgärung im Drucktank oder in Flaschen einen hohen Kohlensäuregehalt. Die Berliner Weiße wird durch eine Mischgärung von Hefen und Milchsäurebakterien gewonnen. Das Altbier ist ein mittel- bis dunkelfarbiges bitteres Bier, das Kölsch ist heller und milder. Zu den obergärigen Bieren gehört auch das britische Ale mit seinen Varianten Porter und Stout, zwei sehr stark gehopften und sehr dunklen Biersorten. Malzbier (Nährbier) ist alkoholarm (unter 1,5 Vol.-% Alkohol) oder alkoholfrei (unter 0,5 Vol.-% Alkohol) und hat einen hohen Extraktgehalt. Ingwerbier (Gingerbeer) ist ein ebenfalls relativ alkoholarmes, moussierendes, in Großbritannien und den USA beliebtes Getränk aus Wasser, Ingwerwurzel, Zucker und Weinsäure, das mit Bierhefe vergoren wird.
Für Diabetiker geeignet ist das sehr hoch vergorene, kohlenhydratarme Diätbier (Diabetikerlebensmittel). Durch verschiedene Verfahren kann Bier entalkoholisiert werden. Dieses so genannte alkoholfreie Bier (entalkoholisierte Bier) darf bis zu 0,5 Vol.-% Alkohol enthalten. Bier wird in Fässern, Flaschen und Dosen verkauft. Eine Kennzeichnungspflicht besteht in Deutschland für den Alkoholgehalt (ab 1,2 Vol.-%) und für Zusatzstoffe, die nicht dem Reinheitsgebot entsprechen. Bier in Fässern sollte innerhalb eines Monats verbraucht werden; Bier in Flaschen sollte man - bei Temperaturen nicht unter 5 °C - idealerweise nicht länger als drei Monate lagern, denn danach verschlechtern sich Geschmack, Farbe und Schaumqualität. Die beste Trinktemperatur für Bier liegt bei 7-10 °C.
Inhaltsstoffe und Gesundheitswert:
Die wichtigsten Inhaltsstoffe des Biers sind Alkohol (Ethanol), Kohlenhydrate und Kohlensäure. Alkohol und Kohlenhydrate sind kalorienreich: 100 g Bier enthalten ca. 2-10 g Kohlenhydrate und haben einen Energiegehalt von 30-70 kcal/126-293 kJ. Die Kohlensäure wirkt erfrischend. B-Vitamine (z. B. Vitamin B2, Pantothensäure) sind vorhanden, allerdings in so geringem Umfang, dass ein Beitrag zur Gesundheitsförderung durch den Bierkonsum kaum zu erzielen ist. Schadstoffbelastungen sind beim Bier nicht bekannt; gesundheitlich negativ schlägt bei übermäßigem Bierkonsum in erster Linie der Alkohol zu Buche. Gesundheitsschädlich kann ferner der Gehalt des zur Entstehung von Gicht beitragenden Purins im Bier sein.
Mittlerer Stammwürze- und Alkoholgehalt einiger Biersorten
Biersorte
Stamm würze (%)
Alkohol (Vol.-%)
Altbier
11,5
3,8
Bockbier
16,5
5,2
dunkles Starkbier
18,5
5,8
helles Exportbier
12,7
4,2
helles Lagerbier
11,5
3,7
Malzbier
12,5
1,5
Märzenbier
13,5
4,2
Pilsener
12,0
3,9
Weizenbier
12,7
4,3
Wein (von lat. vinum):
aus dem Saft der Weintrauben durch alkoholische Gärung gewonnenes Getränk.
Geschichte:
In Mesopotamien und Ägypten war die Weinbereitung bereits im 4. Jt. v. Chr. bekannt. Die Griechen lernten den Wein wohl durch die Phöniker noch vor Mitte des 2. Jt. kennen. Griechische Phokäer verbreiteten den Weinbau nach 600 v. Chr. nach Spanien und Frankreich. Nach der Besetzung Galliens durch die Römer, die den Weinbau von den Griechen übernommen hatten, drang dieser wahrscheinlich im 2. Jh. n. Chr. nach Burgund und ins obere Elsass, gleichzeitig wohl auch an den Rhein und die Mosel vor. Die merowingischen und karolingischen Könige förderten die Klöster, durch die der Weinbau allmählich nach Mittel- und Norddeutschland gelangte.
Fortschreitend bis an die Ostsee erlangte er dann um 1400 seine größte Ausdehnung. Ein Rückgang des Weinbaus in Deutschland trat ein, als die Hanse in steigendem Maß milde, alkoholreiche Weine aus Spanien und Italien einführte. Der Weinbau zog sich im Wesentlichen in die gegenwärtigen Weinanbaugebiete zurück. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. vernichtete die aus Amerika eingeschleppte Reblaus weite Gebiete des europäischen Rebareals; dem konnte nur durch Aufpfropfen europäischer Edelreben auf amerikanische Unterlagsreben erfolgreich begegnet werden.
Weinbereitung:
Die Ernte (Weinlese, Lese) erfolgt in den Mittelmeerländern ab Anfang, sonst ab Mitte oder Ende September bis Ende Oktober/Anfang November, bei Eiswein meist noch später. Danach werden die Trauben meist von Stielen und Kämmen getrennt (entrappt) und in Traubenmühlen zerquetscht. Bei der Bereitung von Weißwein (aus weißen Weintrauben) wird die so gewonnene Maische sofort oder nach kurzer Wartezeit in Maischebevorratern entsaftet und dann entweder in kontinuierlich arbeitenden Schneckenpressen oder partienweise in Keltern (heute meist durch hydraulischen oder pneumatischen Druck) gekeltert. Zurück bleibt ein "Kuchen" aus zusammengepressten Rückständen, der Trester (Treber), der zu Tresterbranntwein (Branntweine) destilliert werden kann.
Der beim Keltern ablaufende Saft (Most) wird durch Absetzenlassen oder Separieren mittels Zentrifugen von Trubstoffen gereinigt (vorgeklärt, entschleimt), in Gärbehälter (Holzfässer, Stahl-, Beton-, Kunststofftanks) gepumpt und dort der Gärung überlassen. Bei der Bereitung von Rotwein (aus blauen Weintrauben) wird nicht sofort gekeltert. Stattdessen wird die Maische zunächst unter häufigem Umrühren in offenen Gärbottichen (heute auch in geschlossenen rotierenden Tanks) der einsetzenden Gärung überlassen, damit sich die nur in der Beerenhaut enthaltenen roten Farbstoffe sowie die Gerbstoffe (auch aus den Kernen) lösen und in den Most übergehen können; erst dann wird gekeltert.
Die Dauer dieser Vorgärung (in der Regel zwei bis 14 Tage) bestimmt Farbtiefe und Geschmack des Weins. Wird die Maische bereits nach wenigen Stunden gekeltert, erhält man Roséwein (z. B. den deutschen Weißherbst). Roséwein entsteht auch aus der gemeinsamen Kelterung von roten und weißen Trauben und wird dann als Rotling (in Württemberg als Schillerwein) bezeichnet. Der in Gärung befindliche Most ist vielerorts ein beliebtes Getränk. Die alkoholische Gärung beruht auf dem Abbau der Zuckermoleküle zu Ethanol und Kohlendioxid unter dem Einfluss von Hefeenzymen. Sie setzt durch die im Lesegut enthaltenen Hefen spontan ein, doch werden in der Regel Reinzuchthefen zugesetzt. Der Zuckergehalt der Trauben, das Ausgangsmostgewicht (in Deutschland in Grad Öchsle (Oechsle) angegeben), bestimmt den Alkoholgehalt des Weins.
Zur Alkoholerhöhung und geschmacklichen Abrundung kann daher v. a. bei zuckerarmen Mosten unter gesetzlich geregelten Bedingungen Zucker oder Traubenmostkonzentrat beigegeben werden. Der zugegebene Zucker wird wie der in der Weintraube vorhandene Zucker durch die Hefe zu Alkohol umgewandelt. Zur Bindung des sich im Gärprozess bildenden, geschmacksschädlichen Acetaldehyds und zur Haltbarmachung werden Maische, Most und/oder Jungwein geschwefelt, d. h., man gibt ihnen geringe Mengen (rund 50 mg pro Liter) in Wasser gelösten Schwefeldioxids bei. Nach Abklingen der Gärung wird der Wein über dem Bodensatz, der aus abgestorbenen Hefen und anderen Trubstoffen besteht, abgezogen (Abstich) und in ein anderes Behältnis umgepumpt.
Zur Geschmacksverbesserung, v. a. aber zur Erzeugung eines bestimmten Weintyps, etwa Chianti oder Bordeaux, kann der Jungwein mit anderen Weinen gemischt (verschnitten) werden. Bei Weinen hoher Qualität wird der fertige Jungwein meist zur Erlangung der vollen Reife längere Zeit in Holzfässern gelagert, bevor er schließlich in Flaschen abgefüllt wird. Auch in der Flasche erfahren hochwertige Weine noch eine geschmackliche Weiterentwicklung bis zum qualitativen Höhepunkt (der besonders durch einen naturporösen Korkverschluss gefördert wird); danach setzt eine Qualitätsminderung (Abbau) ein. Weißweine erreichen beide Punkte früher als Rotweine; Spitzenweine altern langsamer als Weine niedrigerer Qualität.
Qualitätsstufen:
Weine werden in verschiedene Qualitätsstufen eingeteilt, die v. a. vom Ausgangsmostgewicht und somit vom Alkoholgehalt abhängig sind. Deutsche Weine teilt man in zwei Güteklassen ein: einfache Tafelweine, zu denen auch die etwas höherwertigen Landweine zählen, und Qualitätsweine. Bei Letzteren unterscheidet man zwischen Qualitätsweinen bestimmter Anbaugebiete (Q. b. A.) und den noch besseren Qualitätsweinen mit Prädikat (Prädikatsweinen, Q. m. P.). Entscheidende Voraussetzungen für die Anerkennung eines Weins als Prädikatswein sind das nach Rebsorte und Anbaugebiet festgelegte Mindestmostgewicht, die Erzeugung aus Weintrauben eines einzigen Bereichs (Herkunftsbegrenzung) und der Verzicht auf Anreicherung des Mostes mit Zucker zur Erhöhung des Alkoholgehalts.
In Deutschland gibt es die Prädikatsstufen Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Eiswein und Trockenbeerenauslese; für Weine aus anderen europäischen Ländern gelten entsprechende Qualitätsbezeichnungen. Kabinett ist nach dem deutschen Weingesetz die unterste Stufe der Qualitätsweine mit Prädikat. Kabinett-Weine werden aus Trauben bereitet, die bei der Lese ein bestimmtes (von Anbaugebiet und Rebsorte abhängiges) Mindestmostgewicht aufweisen müssen. Spätlese-Weine (die nächsthöhere Qualitätsstufe) gewinnt man aus Trauben, die erst nach Beendigung der Hauptlese geerntet werden, die aber außerdem bestimmte Mindestmostgewichte aufweisen müssen; diese liegen meist zwischen 85 und 95° Öchsle.
Die dritte Stufe der Prädikatsweine ist die Auslese. Auslese-Weine sind Spitzenweine aus vollreifen, oft von Edelfäule befallenen Trauben, die unter Aussonderung aller kranken und unreifen Beeren gelesen werden. Sie zeichnen sich in der Regel durch eine süße, elegante Reife im Geschmack aus. Das Mindestmostgewicht beträgt je nach Anbaugebiet 85-105° Öchsle. Die nächsthöhere Stufe deutscher Qualitätsweine mit Prädikat ist die Beerenauslese. Für solche Weine werden nur edelfaule, überreife Beeren verwendet. Das gesetzlich festgelegte Mindestmostgewicht liegt je nach Rebsorte und Anbaugebiet bei 110-128° Öchsle. Charakteristisch für Beerenauslese-Weine sind die dunkelgelbe Farbe, das unverkennbare Aroma der Edelfäule und der relativ niedrige Alkoholgehalt (mindestens 5,5 Vol.-%).
Eiswein ist ein Wein von hoher, pikanter Süße, zu dessen Bereitung vollreife Trauben in gefrorenem Zustand (bei mindestens -7 °C) geerntet und ungemaischt gepresst werden, bevor das Eis auftaut. Durch dieses natürliche Ausfrieren des Wassers erhält man Most, bei dem die Konzentration von Zucker, aber auch von Extraktstoffen und Säure entsprechend hoch ist, was dem Eiswein seine fruchtige Frische verleiht. Das Mostgewicht muss mindestens dem der Beerenauslese entsprechen.
Trockenbeerenauslese ist die höchste Prädikatsstufe. Solche Weine werden aus meist einzeln ausgelesenen, stark eingetrockneten und meist auch edelfaulen Beeren bereitet, die aufgrund des Wasserverlusts einen hohen natürlichen Zuckergehalt aufweisen. Ihr Mindestmostgewicht liegt bei 150° Öchsle (in Baden 154° Öchsle). Da die hohe Zuckerkonzentration die Gärung hemmt, wird nur ein kleiner Teil des Zuckers vergoren; es entsteht ein alkoholarmer, aber sehr süßer Wein. In Deutschland ist für alle Qualitätsweine (mit oder ohne Prädikat) eine amtliche Prüfung (chemische Analyse und sensorische Prüfung) vorgeschrieben, aufgrund deren die amtliche Prüfungsnummer erteilt wird. Diese sowie das Herkunftsgebiet, die Qualitätsstufe und der Erzeuger oder Abfüller müssen auf dem Etikett angegeben werden; die Angaben über Rebsorte, Jahrgang und Geschmacksrichtung sind freiwillig.
Rebsorten:
Rebsorten sind Sorten der Weinrebe (Vitis vinifera), die durch Rebenzüchtung und Selektion entstanden sind. Die Rebsorte ist entscheidend für den Grundcharakter eines Weines. Zu den bekanntesten weißen Rebsorten gehört der Riesling, der als edelste weiße Keltertraube gilt. Seine Trauben haben viel Säure. Der hauptsächlich in Rheinhessen angebaute Silvaner ergibt meist neutrale, helle Weine mit guter Säure.
Eine in Deutschland häufig angebaute weiße Rebsorte ist der Müller-Thurgau, eine Kreuzung aus Riesling und Silvaner, die leichte Weine (meist einfache Qualitätsweine) ergibt. Eine sehr alte Weißweinrebe ist der v. a. in Deutschland, dem Elsass und Kalifornien angebaute Gewürztraminer; er ergibt Weine mit intensivem, fruchtig würzigem Bukett.
Eine beliebte und weitverbreitete rote Rebsorte ist der v. a. in Frankreich angebaute Spätburgunder (Blauer Burgunder, Blauburgunder), der fruchtig samtige Weine mit vielseitigem Aroma ergibt. Eine weitere in Deutschland und Österreich häufig angebaute Rotweinrebe ist der Portugieser, der relativ helle Qualitätsweine liefert. Der Trollinger (die wichtigste Rotweinrebe Württembergs) ergibt frische, leichte Weine.
Zusammensetzung:
Hauptbestandteile des Weins sind Wasser, Ethanol, organische Säuren (meist Wein-, Apfel- und Milchsäure), Kohlenhydrate (Glukose, Fruktose), Gerb- und Farbstoffe, ferner Mineralstoffe (Kalium, Magnesium, Jod, Eisen) sowie zahlreiche Aromastoffe. Der Alkohol resultiert aus dem im Most enthaltenen Zucker und liegt zwischen 60 und höchstens 120 g pro Liter; ein höherer Alkoholgehalt lässt sich durch natürliche Gärung nicht erreichen, da bei einem Gehalt von 120 g pro Liter (15 Vol.-%) die Hefe abstirbt. Der Alkoholgehalt wird auf dem Etikett in Volumenprozenten (Vol.-%) oder Grad angegeben. Alkoholfreier Wein (entalkoholisierter Wein) wird durch Vakuumdestillation aus Wein gewonnen. Sein Alkoholgehalt darf 0,5 Vol.-% nicht übersteigen.
Der nach Abschluss der Gärung im Wein verbleibende Zuckeranteil, der Restzuckergehalt, bestimmt die Süße des Weines und liegt zwischen fast 0 und 150 g pro Liter; die hohen Werte werden bei der höchsten Qualitätsstufe (Trockenbeerenauslese) erreicht. Ist kein oder nur sehr wenig Zucker (bis 4 g pro Liter, bei entsprechender Säure bis 9 g pro Liter) vorhanden, bezeichnet man den Wein als trocken, bei über 4 bis 18 g pro Liter (bei entsprechender Säure) als halbtrocken.
Für Diabetikerweine gelten besondere Bestimmungen hinsichtlich des Alkohol- und Restzuckergehalts (Diabetikerlebensmittel). Der Gehalt des Weins an Säuren beträgt 2-20 g pro Liter, meist 4-9 g pro Liter in Weißwein und 4-6 g pro Liter in Rotwein. Verbindungen von Säuren mit Kalium und Kalzium lagern sich manchmal in Form von Kristallen als Weinstein am Flaschen- oder Korkenboden ab. Sie sind geschmacksneutral und ein Zeichen für den schonenden Ausbau des Weins. Der Wassergehalt des Weins beträgt 700-900 g pro Liter. Der Anteil an Schwefel (gemessen als Schwefeldioxid in Milligramm pro Liter) darf je nach Weinart und -qualität vorgeschriebene Mengen (in Deutschland zwischen 150 mg pro Liter bei für Diabetiker geeigneten Weinen und 400 mg pro Liter bei Eiswein und Beerenauslesen) nicht überschreiten.
Als Weinfehler bezeichnet man jeden störenden Geschmack (Ton), z. B. Schimmel-, Faul- oder Fasston; sie sind bei sachgemäßer Kellerwirtschaft meist vermeidbar. Eine Zersetzung eines fehlerhaften oder falsch vorbehandelten Korkens kann zum unerwünschten Korkton führen.
Gesundheitswert und Schadstoffe:
Rotwein enthält Polyphenole (Quercetin, Catechine, Resveratrol), die eine antioxidative Wirkung haben und u. a. der Entstehung von Arteriosklerose vorbeugen (französisches Paradoxon). Da sie im Lauf der Lagerung jedoch allmählich ausfallen, enthalten ältere Weine weniger davon. Bei mäßigem Konsum hat Wein, v. a. Rotwein, gesundheitsfördernde Wirkungen, bei übermäßigem Genuss überwiegen jedoch die negativen Auswirkungen (Alkohol, Alkoholmissbrauch). Frauen sollten regelmäßig nicht mehr als 100 ml, Männer nicht mehr als 200 ml Wein am Tag trinken. Da Phenole Migräne auslösen können, sollten dafür empfindliche Menschen Rotwein ganz meiden.
Branntweine:
alkoholische Getränke mit einem hohen Gehalt an dem Trinkalkohol Ethanol. Branntweine werden durch alkoholische Gärung und Destillation sowie durch Rückverdünnen mit Wasser aus Stoffen hergestellt, die destillierbare Alkohole, vergärbaren Zucker oder in solchen überführbare Substanzen enthalten (z. B. Stärke, Zellulose). Man unterscheidet einfache Trinkbranntweine (Schnäpse), die entweder durch Destillation alkoholhaltiger Flüssigkeiten oder aus Alkohol verschiedenen Ursprungs und Wasser sowie Geruchs- und Geschmacksstoffen hergestellt werden (z. B. Wodka, Kümmelbranntwein, Liköre), und Edelbranntweine (Edelbrände), die aus Wein (Weinbrand) oder aus Maischen (v. a. Obst- und Getreidemaischen) destilliert werden. Zu den Edelbranntweinen gehören u. a. Obst- und Wurzelbranntweine, Rum und Whisky. Wertvolle Nährstoffe enthält Branntwein nicht; allerdings besitzt er aufgrund seines hohen Gehalts an Alkohol einen hohen Energiegehalt. Schon geringe Mengen Branntwein pro Tag können daher erheblich zu einer Gewichtszunahme beitragen.
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