An der Dorftheke zum Frühschoppen
Man sieht sie dichtgedrängt in Reihen - dort stets an der Theke steh´n
(durch den Qualm der Zigaretten sind sie freilich schwer zu sehn),
die Probleme dieser Welt sie hier immer eifrig lösen.
Hoch die Gläser, her die Runde! - so ist's immer schon gewesen.
Ja, dort stehen stramme Kerle (vorne wölbt sich leicht ihr Bauch)
mit geröteten Gesichtern, und stramm rechts, das sind sie auch!
Hier gilt noch die echte Tugend, gilt nur der, der saufen kann,
gilt der Spruch seit ihrer Jugend: Nur besoffen bist du Mann!
Vorerst dreht die Unterhaltung meistens sich nur um den Sport:
Wer hat gewonnen, wer verloren, ihn selbst zu treiben wäre Mord!
Auch das letzte Spiel der Jugend wird fachkundig diskutiert:
daß der Trainer, dieser Neue, sie wohl bald zum Siege führt
Zwischendurch wird unverdrossen Bier und Schnaps zuhauf bestellt.
Bald jedoch, im zweiten Teil nun, geht es um die große Welt:
Ja, die Roten war`n schon immer schuld an allem, was geschah!
(Ob von diesen Disputanten jemals einer einen sah?)
Ausgiebigst wird nun rumgewettert, zwischendurch noch Schnaps und Bier.
Worte sind schon leicht verheddert, mancher Blick wird langsam stier.
Letztlich sind sich alle einig: "Klar, die Ausländer sind schuld!"
"Es wird Zeit, daß man sie steinigt", ruft wer voller Ungeduld.
Darauf gibt es noch ´ne Runde und es schmettert durchs Lokal
nun, zu vorgerückter Stunde: "Deutschland, Deutschland noch einmal!"
Was nun folgt, ist unvermeidlich, denn jetzt geht's zum dritten Akt:
erst zum Klatsch, dann um die Frauen und wie oft man/n es noch packt.
"He", fragt einer, "willst du wissen, was der Nachbar hat gemacht?
Wer mit wem lag in den Kissen? Wer nicht kam nach Haus zur Nacht?"
"Heda, Wirt, bring noch 'ne Runde und paar Klare noch dazu!",
tönt der Ruf aus aller Munde, vorher gibt es keine Ruh.
Pitter, schon beim Steh'n leicht schwankend, stupst jetzt seinen Nachbarn an:
"Jupp, datt muss ich dir jetzt sagen: sechsmal noch die Woch' ich kann!"
Jupp, auch ziemlich stieren Blicks schon, lallt darauf zum Pitter hin:
"Erst zwei Bier und noch zwei Körnchen, leeven Pitter datt muss sinn!"
Nuschelnd fährt er fort und lallend, kaum die Stimm' noch in Gewalt:
"Isch mach's dreimol tächlich emmer! Pitter, nä, do wesch schon ald!"
Endlich zahlt man, was man schuldig; nachgerechnet wird wohl kaum.
Sehr lang war der Wirt geduldig: morgens leert sich erst der Raum.
© Pseudolin
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